MORO Fläche

Quelle: Mediaserver Hamburg / Christian Brandes

Quelle: Mediaserver Hamburg / Christian Brandes

KomZerti – Zertifizierungsprogramm für Flächensparende Gemeinden in der Metropolregion Hamburg

In der Metropolregion Hamburg nehmen die Flächenkonkurrenzen an den Ortsrändern zu. Diese entstehen u.a. durch die steigende Nachfrage nach (bezahlbarem) Wohnraum, Flächenansprüche der Energiewende sowie Platzbedarfe der Energiewende. Die Folgen des Klimawandels scheinen mancherorts zudem erst jetzt rapiden Einzug in das Bewusstsein der handelnden Akteure vor Ort zu halten. Wie die Metropolregion Hamburg mittel- oder langfristig vor dem Hintergrund veränderter Flächeninanspruchnahmen oder Flächenkonkurrenzen entwickeln, ist sicher noch nicht flächendeckend Thema in regionalen oder kommunalen Entscheidungsprozessen. Es macht aber deutlich, dass es Mittel und Maßnahmen bedarf, die solche Fragen der bewussten Siedlungsentwicklung in die kommunale Entscheidungsfindung einbringen. Zertifizierungsverfahren können einen Beitrag dazu leisten, dass sich Gemeinden verstärkt und konstruktiv mit den Flächennutzungen auseinandersetzen und die Innenentwicklung aktiv stärken.


Die Metropolregion Hamburg möchte mit dem MORO „Zertifizierungsprogramm für flächensparende Gemeinden“ (kurz KomZerti) einen neuen Steuerungsansatz erproben, der eine selbstgesteuerte Auseinandersetzung mit dem Thema Flächensparen auf der kommunalen Ebene anregt. Sie setzt dabei an den Erkenntnissen aus Vorläuferprojekten an, in denen deutlich wurde, dass es für ein flächensparendes Handeln nicht an der Erkenntnis in den Kommunen fehlt, sondern dass ein Umsetzungsproblem besteht.

Kontakt

Swen Wacker

Referent für Siedlungsentwicklung, Geodaten und Gleichstellung

Geschäftsstelle der Metropolregion Hamburg

swen.wacker@metropolregion.hamburg.de

Telefon: +49 40 428 41 2602


Jörg Knieling

 

HafenCity Universität Hamburg
Joerg.knieling@hcu-hamburg.de
+49 40-300 880-4515

 

Frank Schwartze

 

TH Lübeck
Frank.schwartze@th-luebeck.de
+49 451 300 5431

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Foto: Stade, Quelle: Metropolregion Hamburg / Andreas Fallbracht

Zielsetzung

Die Metropolregion Hamburg entwickelt im MORO ein Zertifizierungsprogramm, das ihre Kommunen dabei unterstützt, ein nachhaltiges Flächenmanagement zu etablieren. Das Zertifizierungsprogramm muss dabei flexibel auf die Vielfalt ihrer Mitgliedskommunen eingehen und in den verschiedenen Planungssystemen der vier Bundesländer der MRH anwendbar sein.

 

KomZerti verfolgt das Ziel, Gemeinden ein praxisnahes Instrument an die Hand zu geben, das mit geringem personellem Aufwand umsetzbar ist. Dabei soll das Zertifizierungsprogramm nicht nur Flächenentwicklungen sichtbar machen, sondern sie auch transparent und nachvollziehbar darstellen. Durch die gezielte Vermittlung der Vorteile einer flächensparenden Siedlungsentwicklung will KomZerti einen Beitrag dazu leisten, bestehende Nutzungskonflikte zu entschärfen und die Diskussion um Flächenverbrauch zu versachlichen.

Foto: Ebstorf, Quelle: Metropolregion Hamburg / Andreas Fallbracht

Ablauf

Während der Teilnahme am Zertifizierungsprogramm werden den teilnehmenden Kommunen Unterstützungs- und Beratungsmöglichkeiten angeboten und durch die Verleihung des Zertifikats ein Anreiz zur Umsetzung eines ambitionierten Flächenmanagements geschaffen. Basierend auf einem standardisierten Maßnahmenkatalog entwickeln die Kommunen ein jeweils maßgeschneidertes Arbeitsprogramm für ihre Gemeinde. Dieses Arbeitsprogramm wird abschließend auditiert.

Darstellung der Ergebnisse

Ablauf der Zertifizierung

Das Zertifizierungsprogramm „KomZerti“ umfasst drei Hauptphasen (Phase I bis Phase III) sowie eine vorgelagerte Anfangsphase (Phase 0), die der Akkreditierung von Gemeinden diente. In den Phasen 0 bis II wurde das Zertifizierungssystem schrittweise weiterentwickelt – unter aktiver Einbindung der Pilotgemeinden, deren Erfahrungen und Rückmeldungen maßgeblich in die Ausgestaltung eingeflossen sind. Diese drei Phasen fanden im Rahmen des Förderzeitraums statt.

Die Endzertifizierung (Phase III) hingegen wurde bewusst außerhalb des Förderzeitraums angesetzt und ist für das Jahr 2028 vorgesehen. Auf diese Weise erhalten die Pilotgemeinden ausreichend Zeit, die im Rahmen des Programms definierten Instrumente und Maßnahmen umzusetzen, die später als Grundlage für die Zertifizierung herangezogen werden. Ziel ist es, Gemeinden bei einer nachhaltigen Flächennutzung zu unterstützen und ihre Fortschritte durch ein abgestuftes Zertifizierungsverfahren zu bewerten und auszuzeichnen.

Ablauf des Zertifizierungsprogramms KomZerti, Quelle: THL

Zertifizierungsphasen

Phase 0: Akkreditierung der Gemeinden

Ihre Teilnahme am Programm beschließen die Kommunen durch einen politischen Beschluss, der den Prozess hin zu flächensparenden Siedlungsentwicklungen anstößt und ihm Legitimität verleiht.

 

Phase I: Vorüberprüfung (Wo stehen wir?)

In der ersten Phase der Zertifizierung wird der Ausgangszustand der Gemeinde erfasst. Es wurde überprüft, über welche Maßnahmen und Instrumente einer flächensparenden Siedlungsentwicklung die Gemeinde bereits zu Beginn der Zertifizierung verfügt. Diese Bestandsaufnahme dient als Grundlage für die Festlegung eigener Zielsetzungen in einem individuellen Arbeitsprogramm.

 

Phase II: Zwischenzertifizierung (Wo wollen wir hin?)

Es folgt eine umfassende IST-Zustands-Analyse. In dieser Phase definieren die Kommunen ihre individuellen Zielsetzungen und konkrete Maßnahmen zur Zielerreichung in Form eines individuellen Arbeitsprogramms. Die Phase schließt mit einer Zwischenzertifizierung. In diesem wird das Ambitionslevel des Arbeitsprogramms bewertet und die Flächenneuinanspruchnahme der letzten zehn Jahre erhoben. Anhand dessen wird künftig geprüft, ob die umgesetzten Maßnahmen zu einer verringerten Flächenneuinanspruchnahme beitragen.

 

Phase III: Endzertifizierung (Was haben wir erreicht?)

Am Ende der Förderperiode erfolgt die Prüfung, ob die Kommunen die in ihrem individuellen Arbeitsprogramm festgelegten Maßnahmen umgesetzt haben. Zusätzlich wird die Entwicklung der tatsächlichen Flächennutzung seit IST-Analyse analysiert.

KomZerti vor Ort: Vier Kommunen im Blick

Um die Praxistauglichkeit des Zertifizierungsprogramms sicherzustellen, wird KomZerti im Rahmen einer Modellphase in vier Kommunen der Metropolregion Hamburg erprobt. Die Pilotkommunen weisen unterschiedliche siedlungsstrukturelle Ausgangsbedingungen auf. Mit Hagen im Bremischen nahm eine ländlich geprägte Einheitsgemeinde teil, während Geesthacht und Reinbek als Mittelstädte im direkten Einzugsbereich Hamburgs mit stark begrenzten Flächenpotenzialen konfrontiert sind. Ergänzt wird das Spektrum durch die Hansestadt Stade, die neben ihrem städtischen Kern zugleich dörflich geprägte Ortsteile aufweist. Die folgenden Abschnitte zeigen, wie die Kommunen KomZerti genutzt haben, um eigene Strategien und Arbeitsprogramme für ein nachhaltiges Flächenmanagement zu entwickeln.

Hinweis: Dieser Textbaustein wird im Flächennutzungsmonitoring XVII des Instituts für ökologische Raumentwicklung 2025 erscheinen.

Ausgangslage

 

Die Hansestadt Stade nutzt KomZerti, um flächensparende Maßnahmen zur Einhaltung des 30-Hektar-Ziels aus dem stadteigenen Integrierten Stadtentwicklungskonzept (ISEK) „Stade 2040“ abzuleiten und zu systematisieren. Bisher sind keine so bezeichneten Ziele eines nachhaltigen Flächenmanagement formuliert; aber sie existieren: Das vom Rat beschlossene ISEK ist ein Ordnungsrahmen, der Landschaftsschutz, Nachhaltigkeit und die kompakte, gemischte Stadt zur Grundlage nimmt. Die über Jahrzehnte geübte Praxis der Bodenvorratspolitik ist dabei Bestandteil der aktiven Steuerung.

 

Übersicht der neu erfassten Siedlungs- und Verkehrsflächen sowie Gebäudegrundflächen in Stade im Zeitraum 2013-2023. Quellen: Darstellung auf Grundlage von ALKIS-Daten, Stadtgrenze: BKG, Kartographie: Frank Rogge, HCU.

 

Die politische Zustimmung zur Teilnahme an KomZerti erfolgte durch Fachausschuss, Verwaltungsausschuss und Rat. Das Projekt ermöglicht der Verwaltung, ihre Planungsarbeit sichtbarer zu machen und entsprechende strategische Diskussionen mit der Politik zu führen. Der vorangegangene ISEK-Prozess hatte das Vertrauen zwischen Verwaltung und Politik weiter gestärkt, und so die Integration des KomZerti-Ansatzes erleichtert. Aktuelle Themen wie Baulückenaktivierung, Grundsteuer C oder Wohnraumzweckentfremdungssatzung werden im Dialog mit der Politik bearbeitet.

 

Arbeitsprogramm für eine flächensparende Kommunalentwicklung

 

Das Arbeitsprogramm der Hansestadt Stade dient sowohl der Verschriftlichung der vielfältigen Ziele des Flächenmanagements der Stadt als auch der Ableitung eines umfangreicheren Instrumentenmixes zur Umsetzung des ISEK „Stade 2040“. Die Erstellung eines Baulückenkatasters unterstützt die Aktivierung der Wohnbaupotenziale im Bestand. Damit werden Bedarfe systematisch im vorhandenen Siedlungskörper gedeckt und neue Baurechte/B-Pläne im Außenbereich später oder in geringerem Umfang zugelassen. Vor Neuausweisung in den peripheren Ortslagen steht die Siedlungsergänzung der umfassend erschlossenen Kernstadt und der Heidesiedlung im Geschosswohnungsbau.

 

Zur aktiven Bodenpolitik zählen sowohl formelle Instrumente, wie Vorkaufsrechtssatzungen, Bauleitplanung und städtebauliche Verträge, als auch informelle Ansätze wie die Nutzung des Katasters für Brachflächen, Baulücken und Bauflächen. Die strategische Bodenbevorratung und Entwicklung in eigener Regiegibt der Stadt Gestaltungsmacht weit über Zielformulierung und Planungsinstrumente hinaus.

 

Stade hat überregionales Gewicht als Industriestandort und Erfahrung in der strategischen Wirtschaftsförderung im Verbund mit der Landesregierung, Bremen, Hamburg und dem Bund (Chemie, Energie, Luftfahrt, Leichtbau). Das dem ISEK zeitlich nachgelagerte Gewerbeflächenentwicklungskonzept (GEFEK) bildet die – gemessen an der Einwohnerzahl – weit überproportionalen Bedarfe nach denselben Nachhaltigkeitsgesichtspunkten ab.

 

Die Umsetzung der flächenpolitischen Ziele wird durch die Ausformulierung des Arbeitsprogramms weiter operationalisiert und messbar gemacht. Dabei wird darauf geachtet, dass informelle Instrumente an bestehende Handlungsmuster anknüpfen und formelle Maßnahmen neue Entscheidungsprozesse in der Verwaltung anstoßen. Dem Stadtentwicklungsausschuss wird jährlich zur Umsetzung der strategischen Planwerke und dabei auch über den Fortschritt in KomZerti berichtet. So ergänzen sich bestehende und neue Ansätze, mit Bewohner*innen, Politik und Verwaltung im Dialog an konkreten Themen zu arbeiten und die strategische Steuerung der flächenschonenden Stadtentwicklung systematisch zu verbessern.

 

Kontakt zur Pilotkommune

 

Hansestadt Stade
klimaschutz@stadt-stade.de

Ausgangslage

 

Die Einheitsgemeinde Hagen im Bremischen bekundete ihr Interesse für die Teilnahme an KomZerti mit dem Ziel, die Flächenentwicklung in der Gemeinde aktiver zu steuern. Im Fokus steht die Aktivierung privater Baulücken sowie die Verankerung eines Bewusstseins für flächensparende Planung in Politik und Verwaltung. Hagen im Bremischen liegt im Landkreis Cuxhaven und hat ca. 11.000 Einwohner*innen, die sich neben dem Kern Hagen im Bremischen auf weitere 15 Ortschaften verteilen. Aufgrund der ländlichen Lage und zahlreicher Freiflächen fehlt es bislang an einem breiten Problembewusstsein für den sparsamen Umgang mit Flächenressourcen. Die personell kleine Verwaltung konnte dem Thema aus Kapazitätsgründen bisher keine hohe Priorität einräumen.

 

Übersicht der neu erfassten Siedlungs- und Verkehrsflächen sowie Gebäudegrundflächen in Hagen im Bremischen im Zeitraum 2013-2023. Quellen: Darstellung auf Grundlage von ALKIS-Daten, Stadtgrenze: BKG, Kartographie: Frank Rogge, HCU.

 

Gleichzeitig steigt in Hagen im Bremischen die Nachfrage nach Wohnraum. Zahlreiche innerörtliche Grundstücke liegen jedoch brach, sodass Möglichkeiten der Innenentwicklung bestehen. Auf Initiative der Verwaltung wurde daher ein Prozess eingeleitet, diese Potenziale mit Hilfe von KomZerti zu erschließen. Nach anfänglicher Skepsis stimmten die zuständigen Ausschüsse der Kommune der Teilnahme zu und wurden während des weiteren Verlaufs kontinuierlich in die Prozessschritte eingebunden.

 

Arbeitsprogramm für eine flächensparende Kommunalentwicklung

 

Als Ergebnis des Zertifizierungsprozesses entwickelte die Gemeinde einen „Maßnahmenkatalog einer proaktiven Nachverdichtungsstrategie“, ein ambitioniertes Arbeitsprogramm, das künftig als Richtschnur für Verwaltung und Politik dient. Das Arbeitsprogramm orientiert sich an den drei Handlungsfeldern von KomZerti (flächenpolitische Ziele in Planungswerken, aktive Bodenpolitik, interkommunale Kooperation). Ziel ist es, eine systematische und ganzheitliche Flächensparstrategie zu entwickeln, die planerisch und organisatorisch in der Gemeindeverwaltung verankert wird. Hagen im Bremischen strebt an, sämtliche im Arbeitsprogramm aufgeführten Instrumente in die Umsetzung einzubeziehen.
Der Katalog erläutert zentrale Instrumente und beinhaltet gemeindespezifische Handlungsempfehlungen, darunter Leitbilder, Kosten-Nutzen-Analysen, flächenpolitische Grundsatzbeschlüsse und Mindestdichten. Diese werden hinsichtlich ihrer rechtlichen Machbarkeit, Praxistauglichkeit und Umsetzungsbedingungen bewertet.


Bei der Umsetzung des Maßnahmenkatalogs steht für die Gemeinde zunächst die Erarbeitung einer Gesamtstrategie im Vordergrund. Mit dem im Prozess gewonnenen Fachwissen und der gestärkten Kooperation zwischen Verwaltung und Politik verfügt die Gemeinde inzwischen über ein Fundament, um die ausgewählten Instrumente schrittweise umsetzen und eine dauerhafte flächensparende Entwicklung einleiten zu können.

 

Kontakt zur Pilotkommune

 

Gemeinde Hagen im Bremischen
Fachbereich 1.3 – Allgemeine Bauverwaltung
voos@hagen-cux.de
http://www.hagen-cux.de

Ausgangslage

 

Die Stadt Geesthacht steht aufgrund ihrer Nähe zu Hamburg unter starkem Siedlungsdruck. Gleichzeitig begrenzen ausgedehnte Waldflächen die Ausweisung neuer Baugebiete, sodass zusätzliche Wohnflächennachfrage kaum durch Neubau auf der „grünen Wiese“ gedeckt werden kann.

 

Übersicht der neu erfassten Siedlungs- und Verkehrsflächen sowie Gebäudegrundflächen in Geesthacht im Zeitraum 2013-2023. Quellen: Darstellung auf Grundlage von ALKIS-Daten, Stadtgrenze: BKG, Kartographie: Frank Rogge, HCU.

 

Zu Beginn herrschte im Stadtplanungsausschuss keine Einigkeit, ob und wie das Thema Nachverdichtung aufgegriffen werden sollte. Um der Geesthachter Politik die Thematik Nachverdichtung und auch die Art und Weise, wie sie im Detail aussehen könnte, näherzubringen, entschloss sich die Verwaltung an dem Programm KomZerti teilzunehmen. Mit KomZerti sollte aufgezeigt werden, welche Möglichkeiten der Nachverdichtung bestehen. Die Verwaltung strebt an, das bundesweite 30-Hektar-Ziel zur Reduzierung des Flächenverbrauchs einzuhalten und erarbeitete dazu ein Arbeitsprogramm. Der Teilnahme an KomZerti wurde parteiübergreifend zugestimmt, was den Einstieg in den Zertifizierungsprozess ermöglichte.

 

Arbeitsprogramm für eine flächensparende Kommunalentwicklung

 

Als Ergebnis des KomZerti-Prozesses entwickelte Geesthacht ein mehrteiliges Maßnahmenpaket, das sowohl strategische Ansätze als auch kurzfristig umsetzbare Steuerungsinstrumente der Siedlungsentwicklung kombiniert, darunter unter anderem:

 

  • Bauflächenkataster: Aufbau und laufende Pflege eines Flächenmanagementkatasters (angeboten vom Land Schleswig-Holstein), um Innenentwicklungspotenziale systematisch zu erfassen und zu bewerten,
  • Nachverdichtungsstrategie: Entwicklung einer praxisnahen Strategie mit konkreten Handlungsempfehlungen für kompakte Bauweisen und Innenentwicklung,
  • Nutzung des kommunalen Zwischenerwerbs zur gezielten Steuerung der Nachverdichtung,
  • Festlegung von Mindestdichtewerten in Bebauungsplänen,
  • Entwicklung eines integrierten Stadtentwicklungskonzepts: Aufnahme von Innenentwicklungszielen, um flächensparende Maßnahmen langfristig zu verankern und politisch zu legitimieren.

 

Das Maßnahmenpaket wurde der Kommunalpolitik vorgestellt. Dabei wurde insbesondere der Ansatz des kommunalen Zwischenerwerbs von Grundstücken positiv aufgenommen. Nach Einschätzung der Verwaltung ist die Notwendigkeit von Nachverdichtung inzwischen „in den Köpfen angekommen“, was den politischen Rückhalt für die Umsetzung stärkt.

 

Das von Geesthacht erarbeitete Arbeitsprogramm besteht somit zunächst vorrangig aus einer handlungsorientierten gemeindeinternen Agenda, deren Ziele durch formelle Instrumente in neuen Stadtentwicklungsverfahren angewendet werden können. So trägt KomZerti dazu bei, interne Abstimmungsprozesse zu strukturieren, politische Entscheidungen vorzubereiten und flächensparende Entwicklungen zu formalisieren.

 

Kontakt zur Pilotkommune

 

Stadt Geesthacht

Fachdienstleitung Stadtplanung

https://www.geesthacht.de/

Ausgangslage

 

Die Stadt Reinbek bewarb sich bei KomZerti mit dem Ziel, ein zukunftsorientiertes Flächenmanagement in die Stadtentwicklung und Bauleitplanung zu integrieren. Aufgrund der Nähe zu Hamburg herrscht ein angespannter Wohnungsmarkt, während die Wohnraumpotenziale der bestehenden Einfamilienhausgebiete aus den 1950er- und 1960er-Jahren bisher nicht ausgeschöpft worden sind. Zudem fehlen übergeordnete Entwicklungskonzepte, was eine strategische Steuerung des Flächenverbrauchs erschwert.

 

Die Ausgangslage in Reinbek erzeugt hohen Handlungsdruck, bietet aber zugleich die Chance, mit KomZerti einen strukturierten Prozess zur Erarbeitung langfristiger Flächenziele anzustoßen und das Thema politisch zu verankern.

 

Arbeitsprogramm für eine flächensparende Kommunalentwicklung

 

Das Reinbeker Arbeitsprogramm orientiert sich an den drei Handlungsfeldern von KomZerti (flächenpolitische Ziele in Planungswerken, aktive Bodenpolitik, interkommunale Kooperation) und bündelt Maßnahmen aus dem KomZerti-Maßnahmenkatalog. Es kann laufend ergänzt werden und dokumentiert so den Arbeitsprozess über den Förderzeitraum hinaus.


Zentrale Ziele sind die Entwicklung eines Leitbilds zum Flächensparen und eines flächenpolitischen Grundsatzbeschlusses, der künftig als verbindliche Grundlage für Stadtentwicklung und Bauleitplanung dient. Ergänzend wird angestrebt, dass künftige Bebauungspläne oder Konzepte mit den Vorgaben des Arbeitsprogramms abgeglichen werden.

 

Für eine aktive Bodenpolitik plant Reinbek den Einsatz des Flächenmanagementkatasters Schleswig-Holstein, um Baulücken, Brachflächen und Leerstände systematisch zu erfassen und Nachverdichtungsprojekte zu nutzen. Zudem sollen gemeinsam mit Nachbargemeinden neue Gewerbeflächen sowie regionale Mobilitätsangebote entwickelt werden, um Flächen effizienter zu nutzen und den Flächenverbrauch durch interkommunale Zusammenarbeit zu vermindern.

 

Um eine legitimierte Strategie zu entwickeln, veranstaltete die Stadt einen Workshop, zu dem die Mitglieder des Bau- und Planungsausschusses sowie alle Fraktionen eingeladen wurden. Dabei ging es nicht nur um die Vermittlung von Know-how, sondern auch darum, die Politik aktiv in die Auswahl von Entwicklungsszenarien einzubeziehen. Das Thema Flächenverbrauch wurde in dem Workshop mit konkreten Beispielen aus der Stadt verknüpft, um die Relevanz und Ausgestaltungsmöglichkeiten der Nachverdichtung zu anschaulichen. Ziel ist, gemeinsam bodenpolitische Ziele zu entwickeln, die später als Orientierung für Bauleitplanung und Wohnungsbau dienen. Durch KomZerti und den Nachverdichtungs-Workshop sollen neue Impulse entstehen, die die Zusammenarbeit zwischen den Akteuren stärken und die Weiterentwicklung städtischer Strategien anstoßen.

 

Kontakt zur Pilotkommune

 

Stadt Reinbek
Fachbereich Stadtentwicklung | Abteilung Planung und Bauordnung
stadtentwicklung@reinbek.de
www.reinbek.de

Die Erfahrungen aus dem Projekt zeigen, dass die strategische, prozessorientierte Ausrichtung des Zertifizierungssystems und seine kooperative, flexible Ausgestaltung zentrale Erfolgsfaktoren für die Akzeptanz und Wirksamkeit in den Gemeinden darstellen. Besonders wirksam erwies sich die Betonung des Dialogs und der Selbstverortung, anstelle einer bewertenden Zertifikatsvergabe.


Gleichzeitig machen die aufgetretenen Hemmnisse deutlich, dass strukturelle Unterschiede zwischen Kommunen, politische Rahmenbedingungen und unzureichende Datengrundlagen den breiten und langfristigen Einsatz des Instruments erschweren können. Diese Hindernisse konnten teilweise aufgefangen, jedoch nicht vollständig überwunden werden. Für eine nachhaltige Etablierung des Zertifizierungssystems sind daher flankierende Maßnahmen auf übergeordneter Ebene (z. B. Datenstandardisierung, politische Rahmensetzung) ebenso notwendig wie eine flexible, prozessbegleitende Weiterentwicklung des Instruments selbst.

KomZerti-Pilotkommunen in der Metropolregion Hamburg (grün eingefärbt) Quelle: Metropolregion Hamburg, HCU

Eigenschaften

Transparenz und Nachvollziehbarkeit

Mit KomZerti machen Gemeinden ihre Flächenentwicklungen sichtbar, dokumentieren Entscheidungen und schaffen eine belastbare Datengrundlage, auf der alle Beteiligten aufbauen können.

Flächendaten & Monitoring

Die kartografische Übersicht über Entwicklungen der Siedlungs- und Verkehrsflächen im Innen- und Außenbereich der letzten zehn Jahre machen Trends sichtbar und erlauben die Ableitung konkreter Handlungserfordernisse.

Prozess statt Prämiensystem

Anders als klassische „Bronze-Silber-Gold“-Ratings steht bei KomZerti der Prozess im Vordergrund: Kommunen wählen eigenständig ihre Ziele, arbeiten mit Leitfäden und Checklisten und evaluieren ihre Fortschritte selbst.

Politische Sensibilisierung

Workshops und Berichte in kommunalen Gremien sensibilisieren Politiker:innen für Bodenpolitik und Flächensparen. Die Pilotkommunen berichten aus erster Hand, welche Hebel sie in Verwaltung und Politik bewegt haben.

Niedrigschwellige Umsetzung

Verwaltungen profitieren vom flexiblen Maßnahmenkatalog und praxisnahen Vorlagen: Erste Schritte im Flächenmanagement lassen sich sofort umsetzen – auch mit begrenzten Ressourcen.

Interkommunaler Austausch

Regelmäßige Netzwerktreffen fördern den Austausch zwischen Kommunen. Erfahrungsberichte stärken das Vertrauen in bewährte Instrumente und rücken gemeinsame Herausforderungen ins Blickfeld.

Zentrale Botschaften und Werkzeugkasten

INSTRUMENTE BEREITSTELLEN – SELBSTEVALUIERUNG ERMÖGLICHEN

Zertifizierung beruht auf Freiwilligkeit und der Idee, selbstgesteckte Ziele eigenständig zu verfolgen. Dabei steht nicht die Erfüllung starrer Mengenvorgaben im Vordergrund, sondern die Orientierung an selbstgesetzten Zielvorstellungen. Damit die Selbstevaluierung wirksam und umsetzbar ist, müssen unterstützende Instrumente wie Leitfäden und Checklisten zur Verfügung gestellt werden. Wichtig ist jedoch: Diese Werkzeuge sollen als Angebote verstanden werden, aus denen passende Maßnahmen ausgewählt werden können – nicht als verpflichtende quantitative Vorgaben. Diese flexible Funktionsweise ist ausschlaggebend für die Umsetzung eines erfolgreichen Flächenmanagements, da Instrumente des Flächensparens durch große strukturelle Unterschiede in unterschiedlichen Gemeinden in ihrer Wirksamkeit und Umsetzbarkeit stark variieren.

Die Förderung des Austausches zwischen Gemeinden trägt aktiv dazu bei, voneinander zu lernen, erfolgreiche Ansätze weiterzugeben und gemeinsame Herausforderungen besser zu bewältigen. Das Bereitstellen von Netzwerkformaten schließt eine Lücke der bislang wenig stattfindenden interkommunalen Kooperation. Onlinetreffen, Workshops und  andere Formate geben die Möglichkeit „über den eigenen Tellerrand zu schauen“ und vom Erfahrungsaustausch zu profitieren. Durch den direkten Einblick in die Umsetzungspraxis anderer Gemeinden kann Vertrauen in bestimmte Maßnahmen wachsen – Instrumente des Flächensparens, denen zunächst mit Skepsis begegnet wurde, werden durch sichtbare Erfolge und nachvollziehbare Prozessschritte plötzlich als realistisch und sinnvoll wahrgenommen.

AUSTAUSCH FÖRDERN

NIEDRIGSCHWELLIGKEIT IMPLEMENTIEREN

Viele Gemeinden (in der Metropolregion Hamburg) sind klein, verfügen über begrenzte Ressourcen und die Thematik des Flächenmanagements steht in der kommunalen Prioritätenliste oft nicht oben. Häufig fehlt es an politischer Rückendeckung, strategischer Kapazität oder schlicht an Zeit, sich intensiv mit neuen Ansätzen des Flächenmanagements auseinanderzusetzen. Gerade deshalb ist es zentral, dass ein Zertifizierungsangebot niedrigschwellig gestaltet wird. Es soll den Einstieg in das Themenfeld des nachhaltigen Flächenmanagements erleichtern, Hemmschwellen abbauen und pragmatisch aufzeigen, wie auch mit begrenzten Mitteln erste Schritte möglich sind. Der flexible Maßnahmenkatalog mit bekannten Instrumenten und konkreten Unterstützungsangebote ermöglichen es auch in ihren Ressourcen begrenzten Gemeinden, wirksame Beiträge zum Flächensparen zu leisten. 

Im Mittelpunkt des Projekts steht nicht primär die Auszeichnung mit Bronze, Silber oder Gold. Entscheidend ist vielmehr der Prozess, den die Gemeinden im Zuge des Aufbaus eines strategischen Flächenmanagements durchlaufen. Die Zertifizierung fungiert dabei nicht als reines Mess- oder Bewertungsinstrument, sondern als strukturierendes Unterstützungsangebot, das diesen Weg begleitet und erleichtert. Ziel ist es, die teilnehmenden Gemeinden durch geeignete Formate und einen kontinuierlichen fachlichen Austausch dazu zu befähigen, sich inhaltlich fundiert mit den Herausforderungen und Möglichkeiten eines effizienten Flächenmanagements auseinanderzusetzen. Die Zertifizierung unterstützt diesen Prozess, indem sie Orientierung bietet und dazu beiträgt, langfristig tragfähige Maßnahmen und Instrumente in der kommunalen Praxis zu verankern. Auf diese Weise wird Flächenmanagement nicht als zusätzliche Belastung wahrgenommen, sondern als integraler Bestandteil einer nachhaltigen und strategisch ausgerichteten Siedlungsentwicklung.

INHALTLICHE AUSEINANDERSETZUNG ZUM FLÄCHENSPAREN IN DEN VORDERGRUND RÜCKEN

April 2025
Vergabe der Zwischenzertifizierung

Die Arbeitsprogramme der Pilotkommunen wurden geprüft und auf ihr Ambitionslevel bewertet. Anschließend erhielten sie eine Zwischenzertifizierung. Bis 2028 haben die Kommunen Zeit, die Maßnahmen umzusetzen. Danach folgt die Endzertifizierung, die den Fortschritt und die Umsetzung der Programme dokumentiert.

Dezember 2024
Individuelle Workshops mit Kommunen

In individuellen Workshops erarbeiteten die Pilotkommunen gemeinsam mit dem KomZerti-Team ihre spezifischen Arbeitsprogramme. Dabei wurde besprochen, welche Maßnahmen aufgenommen werden sollen und wie sie auf die jeweilige Kommune zugeschnitten werden. So entstand ein passgenaues Konzept für die Umsetzung des nachhaltigen Flächenmanagements.

19.09.24
Kreativworkshop

Im Kreativworkshop erarbeiteten das KomZerti-Team und die Pilotkommunen ihre individuellen Arbeitsprogramme. Gemeinsam wurden Maßnahmen diskutiert, die den größten Beitrag zu nachhaltigem Flächenmanagement leisten, und Aufwand sowie Wirkung gegenübergestellt. So entstand eine klare Basis für die nächsten Schritte im Projekt.

März 2024
Festlegung der Innenbereichsgrenze

In mehreren Workshops legten die Pilotkommunen gemeinsam mit dem KomZerti-Team die Innenbereichsgrenzen ihrer Siedlungsflächen fest. Dabei wurde auch die bisherige Entwicklung näher betrachtet, um Trends zu erkennen. Die Innenbereichsgrenze bildet künftig eine wichtige Grundlage, um Flächenentwicklungen gezielt zu bewerten und zu steuern.

Januar 2024
Pilotkommunen stehen fest

Im Januar 2024 fiel die Entscheidung: Geesthacht, Reinbek, Stade und Hagen im Bremischen wurden als Pilotkommunen ausgewählt. Sie begleiten und erproben den gesamten KomZerti-Prozess in der Praxis. Die dabei gewonnenen Erfahrungen fließen später in das bundesweite Zertifizierungsprogramm ein.

16.11.23
Planspiel mit Kommunen

In einem Planspiel stellte das KomZerti-Team Vertreterinnen und Vertretern interessierter Gemeinden das Konzept vor. Gemeinsam wurde kritisch geprüft, ob Annahmen und Vorgehen stimmig sind. So wurde sichergestellt, dass das Programm praxistauglich ist und Kommunen in ihrer Arbeit wirklich unterstützt.

05.10.23
Kick-Off mit kommunalen Vertreter:innen

Am 5. Oktober 2023 fiel der Startschuss für KomZerti. Das Projektteam stellte das Zertifizierungsprogramm interessierten Vertreterinnen und Vertretern von Kommunen vor. In lebendigen Diskussionen wurden erste Ideen entwickelt und mögliche Pilotkommunen gewonnen – der Grundstein für die gemeinsame Arbeit war gelegt.

06.07.2023
Interner Projektauftakt

Das Konsortium traf sich zum internen Projektauftakt. Gemeinsam wurden die Grundlagen des Zertifizierungssystems besprochen und ein Fahrplan für die Projektarbeit festgelegt. Damit wurde die Basis für die koordinierte Umsetzung aller Schritte im KomZerti-Prozess geschaffen.

19.04.2023
Dialogforum

Das erste Dialogforum bot den teilnehmenden Akteuren des MORO Fläche die Gelegenheit, sich in Präsenz untereinander auszutauschen. Dabei hatte jede Region die Gelegenheit, ihr Vorhaben vorzustellen und auf Fragen und Anregungen zu reagieren. Das Forum wurde zudem durch wissenschaftliche Inputs und eine gemeinsame Arbeitsphase begleitet.

Dezember 2022
Start der Modellvorhaben

Nach der erfolgreichen Bewilligung starten die ausgewählten Modellregionen nun in die aktive Bearbeitung der Themenschwerpunkte. Dabei werden sie durch die Forschungsassistenz in ihren Vorhaben beratend unterstützt.

Juni 2022
Auswahl der Modellvorhaben

Sieben Modellregionen wurden durch eine Fachjury ausgewählt, sich mit ihren Projekten am MORO Fläche zu beteiligen. Bei der Auswahl wurde unter anderem auf unterschiedliche Themenschwerpunkte und Umsetzungsansätze Wert gelegt.

bis Mai 2022
Ausschreibung und Bewerbung

In Zusammenhang mit der Auftaktveranstaltung, welche das Projekt und seinen Rahmen initiierte, begann die Bewergungsphase für interessierte Regionen. Diese konnten ein eigenes Projektkonzept erstellen und bei der Projektleitung einreichen.