Vom 20. bis 21. Februar 2025 fand in Gerstungen (Modellvorhaben KOOSI der Werra-Wartburgregion) der dritte Querschnittsworkshop des MORO „Regionale Steuerung der Siedlungs- und Freiraumentwicklung“ statt. Im Rahmen des ersten Workshop-Tages stellten die Modellregionen den aktuellen Stand ihrer Vorhaben vor. Im Mittelpunkt standen eine vorläufige Zwischenbilanz sowie eine Reflexion der erreichten Meilensteine und anhaltenden Herausforderungen. An Tag 2 nahmen auch drei Mitglieder des wissenschaftlichen Projektbeirates teil.
KOOSI – Kooperative Siedlungsentwicklung in der Werra-Wartburgregion
In der Werra-Wartburgregion wurde die Leistungsbeschreibung für die regionale Organisationsstruktur erstellt. Die Gründung ist für 2026 vorgesehen. Ein Planspiel für den regionalen Siedlungsfonds wurde entwickelt, zudem ist die Raumkarte als regionale Datenbank in Betrieb genommen worden.
Für die Gründung der Organisationsstruktur sind noch Gemeinderatsbeschlüsse erforderlich. Es wäre wünschenswert, weitere Gemeinden für das Konstrukt zu gewinnen, da sonst eine selbsttragende Struktur schwer erreichbar ist; eine zweite Förderphase zur Anschubfinanzierung wäre daher hilfreich.
Die Diskussion zeigte, dass die Strukturfindung zwischen den Kommunen länger dauert als erwartet. Personelle Engpässe sollen durch die Inanspruchnahme externer Dienstleistungen gelöst werden.
FML – interkom: Flächenmanagement Landkreis-interkommunal Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge
Der Zweckverband Interkommunales Flächenmanagement (ZIF) wurde bereits vor dem MORO gegründet, das Modellvorhaben dient jedoch dazu, ihn mit Strukturen wie Satzung, Verträgen und Vereinbarungen auszustatten. Die vorgesehenen Arbeitsgruppen starteten zögerlich, doch das Thema Freiflächen-PV soll Kommunen zur Teilnahme motivieren. Zudem wird an einer „Systemlogik Flächenmanagement“ gearbeitet, um Planungsimpulse regional zu bewerten.
Es ist von entscheidender Bedeutung, den Fokus verstärkt auf die Netzwerkbildung zu legen und die Beteiligten frühzeitig in den Prozess einzubinden. Nächste Schritte betreffen die Aspekte Innenentwicklung, Leerstandsmanagement und die Prüfung der Idee, eine interkommunale Entwicklungsgesellschaft zu gründen.
Die Gründung des ZIF kam u. a. so schnell zustande, weil den Gemeinden verdeutlicht worden ist, dass dieser zunächst nicht mit Kosten verbunden ist. Ein entwickeltes Bewertungsraster soll künftig geeignete Projekte identifizieren.
Region Bremen: Von der Bauland- zur Wohnraummobilisierung
Die Region Bremen hat das Projekt umgesteuert und verfolgt nun das Ziel, anstelle eines Abwägungsbelangs eine Arbeitshilfe zu erstellen, die gemeinsam mit den regionalen Zielen und Leitlinien im Kommunalverbund Niedersachsen/Bremen beschlossen werden soll. Diese Umsteuerung ist dem Umstand geschuldet, dass die Aktivierung von „unsichtbarem Wohnraum“ eher eine kommunikative Aufgabe ist. Der Abwägungsbelang wurde auch aufgrund kommunaler Bedenken, dass ein Abwägungsbelang die Planungshoheit einschränken könnte, abgelehnt. In drei Kommunen des Kommunalverbunds werden zurzeit Pilotprojekte zur Evaluation der Arbeitshilfe durchgeführt, die Instrumente wie Fördermittelberatung und Umbauberatung umfasst.
Mit Regionalplanern wurde über das Thema Flächensparen und das 3-ha-Ziel des Landes Niedersachsen diskutiert, wobei die Bedeutung des Themas bestätigt wurde. Die Region reflektiert, dass sie von Beginn an auf die Arbeitshilfe hätte setzen sollen, da Wohnraummobilisierung eine kommunikative und beratende Aufgabe ist. Zukünftig wird eine Verstetigung des Projekts angestrebt, wobei auf die Notwendigkeit zusätzlicher Förderprogramme hingewiesen wird, um die Themen der Arbeitshilfe in den Kommunen zu platzieren, z. B. für Kommunikation und Veranstaltungsmanagement, aber auch in den Kommunen, etwa für die Umbauberatung durch Architekten.
KomZerti – Zertifizierungsprogramm für Flächensparende Gemeinden in der Metropolregion Hamburg
Das Modellvorhaben in der Metropolregion Hamburg befindet sich derzeit in der Phase II – Zwischenzertifizierung. Drei von vier Kommunen erarbeiten ihren Maßnahmenkatalog in Zusammenarbeit mit einem beauftragten Planungsbüro, die vierte Kommune erstellt diesen eigenständig ohne externe Unterstützung. Ein positiver Online-Austausch zwischen dem KomZerti-Projektteam und den Kommunen hat den Wunsch nach einer halbjährlichen Fortführung eines solchen Dialogformates geweckt.
Eine Herausforderung des Vorhabens sind fehlerhafte ALKIS-Daten, die für flächenscharfe Auswertungen ungeeignet sind. Aus heutiger Sicht des Projektteams wäre vor der praktischen Erprobung des Zertifizierungssystems eine frühzeitige Ansprache der Kommunen sinnvoll gewesen. Die Diskussion im Plenum thematisierte darüber hinaus neue Grundsatzfragen zum Flächensparen.
Metropolregion Rhein-Neckar
Die Raumanalysen im MORO haben gezeigt, dass Entwicklungen oft an ungeeigneten Orten stattfinden. Die Verschneidung von Daten bietet neue Möglichkeiten zur Erkennung von Raummustern. Für alle 18 Mitgliedsgemeinden des Nachbarschaftsverbands soll ein Siedlungsdichtekonzept für den Innen- und Außenbereich erstellt werden. Die rechtliche Wirkung wird als „städtebauliches Entwicklungskonzept“ nach § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB erfolgen.
Im Rahmen der Diskussion werden die Daten und Ebenen der Dichteanalyse sowie die Frage, wie in den Kommunen Dichtewerte erreicht werden können, erörtert. Es wird argumentiert, dass diese Dichtewerte bereits umgesetzt werden, da sie zur urbanen Struktur der Kommunen passen.
RegioLog – Nachhaltige Logistikflächenkonzeption für die Region Freiburg
In Freiburg wird entlang des konzipierten Ringmodelles im 1. Ring (Innenstadt) ein Mikrodepot-Konzept entwickelt, das die Abwicklung des KEP-Verkehrs (Kurier-, Express- und Paketdienste) optimieren soll. Im 2. Ring (Autobahnring) geht es um die flächeneffiziente Weiterentwicklung eines bestehenden Gewerbegebietes. Im 3. Ring (suburbaner Raum) wurde ein neuer Logistik-Standort exemplarisch konzipiert. Im Rahmen der Verstetigung des Projekts sollen Strategiegespräche mit den Landkreisen und der Wirtschaftsförderung stattfinden. Es soll eine „Allianz der Willigen“ geformt werden, einige Bürgermeister in der Region zeigten sich sehr interessiert, ebenso wie IHK und Wirtschaftsförderung.
Die Diskussion thematisierte die Wettbewerbsfähigkeit des Schienenverkehrs im Vergleich zum LKW und die Notwendigkeit, Bebauungspläne im Einzelfall anzupassen, um flächensparende Lösungen zu ermöglichen.
Landkreis Kassel: Entwicklungsprogramm Gewerbeflächen
Im Landkreis Kassel fanden Workshops statt, um einen Konsens über die Leitsätze zu erzielen sowie eine gemeinsame Position der Region zu finden. Es wurden etwa 40 Handlungsempfehlungen abgeleitet. Grundsätzlich konnte verdeutlicht werden, dass die gewerbliche Entwicklung als Gemeinschaftsaufgabe verschiedener Akteure (und nicht einer Institution) verstanden werden muss.
Eine vollständige Verstetigung des Projekts ist finanziell vsl. nicht möglich, aber der Expertenbeirat bleibt bestehen; künftig müssen Verantwortlichkeiten geklärt und belastbare Daten bereitgestellt werden.
Die Reflexion ergab den Wunsch nach externen empirischen Untersuchungen zu Flächenbedarfen, etwa durch Einbindung von Universitäten. Die Diskussion beleuchtete die Notwendigkeit sowie die Herausforderungen interkommunaler Zusammenarbeit zur Entwicklung von Gewerbeflächen.
Abschlussdiskussion Tag 1
Die Abschlussdiskussion fasste zentrale Fragestellungen zusammen, darunter die finanzielle Rentabilität des Flächensparens. Es wurde betont, dass Flächensparen nicht nur strikt an Hektar-Werten gemessen werden kann, sondern auch an einem verantwortungsvollen Umgang mit Flächen.
Der zweite Tag des Querschnittsworkshops begann mit einer inhaltlichen Exkursion durch Gerstungen.
Danach stand eine Diskussion der Ergebnisse der Modellvorhaben mit dem Projektbeirat des MORO an. Für den Beirat waren anwesend Prof. Dr. Antje Matern (FH Erfurt, Fachgebiet Raumentwicklung), Prof. Dr. Sebastian Henn (Uni Jena, Lehrstuhl Wirtschaftsgeographie) sowie Prof. Dr. Stefan Siedentop (TU Dortmund, Fachgebiet Stadtentwicklung).
Die Diskussion um die Herausforderungen und Lösungsansätze für eine nachhaltige Siedlungs- und Freiraumentwicklung wurde auf verschiedenen Ebenen geführt. Zentrale Themen waren:
Insgesamt zeigt sich, dass eine nachhaltige Siedlungs- und Freiraumentwicklung ein komplexes Thema ist, das eine enge Verzahnung von kommunaler und regionaler Ebene erfordert. Hierfür braucht es flexible Instrumente, Förderung, Kapazitäten und vor allem einen kontinuierlichen Kommunikations- und Bewusstseinsprozess.
Zum Abschluss wurde die zentrale Frage des MORO-Projekts nochmals zusammengefasst: Wie kann die regionale Ebene Kommunen dazu bewegen, sich regionalpolitisch und -planerisch „konform“ zu verhalten? Besonders im Fokus stand der Umgang mit Vorhaben, die regionale Interessen betreffen, aber in kommunaler Zuständigkeit liegen. Einige Diskutanten forderten eine Anpassung des Planungsrechts und Stärkung der regionalen Ebene. Zudem wurde die begrenzte Handlungsfähigkeit der Kommunen aufgrund fehlender Ressourcen thematisiert. Das Thema Flächensparen wurde als politisch unattraktiv beschrieben, was eine stärkere Steuerung durch Anreize oder Regulierung erfordert. Um Effizienz zu erreichen, müssen alle relevanten Akteure angesprochen und Unterstützungsangebote selektiv an regionale Kriterien angepasst werden.