Das Wirtschafts- und Wohlstandswachstum der letzten 150 Jahre war (und ist nach wie vor) eng mit einer steigenden Flächeninanspruchnahme verbunden. Die Besiedlung hat sich dabei zulasten der Landschafts- und Naturräume ausgedehnt, so dass heute knapp 15 Prozent der Fläche im Bundesgebiet als „Siedlungs- und Verkehrsfläche“ (SuV) klassifiziert werden. Zuletzt hat der Vereinigungsboom der 1990er-Jahre für eine besonders hohe Flächeninanspruchnahme mit zeitweise über 120 Hektar (SuV) pro Tag gesorgt. Seither ist die Flächeninanspruchnahme rückläufig und hat sich gegen Ende des letzten Jahrzehnts in Richtung 50 Hektar pro Tag verringert – trotz eines robusten wirtschaftlichen und demografischen Wachstums.
Diese Reduzierung der Flächenneuinanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrszwecke ist ein Kernanliegen der deutschen Nachhaltigkeitspolitik. Nichtsdestotrotz wurde die Erreichung des ursprünglich für 2020 anvisierten „30-Hektar-Ziels“ deutlich verfehlt. Bereits mit der Fortschreibung der Nachhaltigkeitsstrategie im Jahr 2016 wurde der Zeithorizont zur Erreichung des Flächenreduktionsziels daher auf 2030 verschoben. Zugleich wurde der Zielwert auf „weniger als 30 Hektar“ verschärft. In der in 2021 verabschiedeten Fassung wurde es um das Ziel der Flächenkreislaufwirtschaft („Netto-Null-Ziel”) bis 2050 ergänzt.
Die künftigen Trends der Siedlungs- und Freiraumentwicklung sind mit hohen Unsicherheiten verbunden. So kann der durch die Pandemie und die
Digitalisierung entfachte Homeoffice-Boom eine verstärkte Flächennachfrage im Stadtumland und teils sogar darüber hinaus in ländlichen Räumen forcieren. Auch mit Blick auf die Klimaschutzziele entstehen neue Flächenansprüche, zum Beispiel für den Ausbau von erneuerbaren Energien wie der Windkraft. Gleichzeitig macht die Klimawandelvorsorge ein stärkeres „Freihalten“, beispielsweise zugunsten von Retentionsflächen, Puffer- und Abflusszonen für
Überschwemmungsereignisse, Kaltluftentstehung oder Frischluftzufuhr notwendig. Nicht zuletzt korreliert die reduzierte Flächeninanspruchnahme in den Wachstumsregionen mit einer investitionshemmenden Flächenknappheit, zunehmenden Nutzungskonkurrenzen, Preissteigerungen bei Boden und Nutzflächen sowie sozialen Folgeproblemen, insbesondere in der Wohnungsmarktentwicklung. Ergebnis sind einerseits Suburbanisierungsprozesse, die wieder in Gang kommen, sowie andererseits eine wiederbelebte Stadterweiterung in Form großer Baugebiete oder neuer Stadtquartiere.
Mit dem MORO sollen sowohl die Entwicklung der Flächenansprüche als auch die regionalen Steuerungsmöglichkeiten der Flächeninanspruchnahme in den Blick genommen werden. Dabei werden zunächst bestehende Erkenntnisse und Ansätze erfasst und systematisiert. Auf diesen bauen die vorgesehenen regionalen Modellvorhaben auf. Mit ihnen soll der Umgang mit veränderten Flächenansprüchen und innovative Ansätze von deren Steuerung erprobt werden. Die Ergebnisse des MORO werden unter anderem in einer Webplattform der (Fach-)Öffentlichkeit präsentiert.
Kern des MORO bilden die regionalen Modellvorhaben. Sie sollen Ansätze zur Steuerung der veränderten Flächenansprüche erproben. Die Modellvorhaben werden ausgehend von einem Bewerbungsverfahren im Laufe des Jahres 2022 ausgewählt und haben anschließend eine Laufzeit von etwa zwei Jahren. Die ausgewählten Regionen sind: Region Bremen, Metropolregion Hamburg, Werra-Wartburgregion, Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge, Region Südlicher Oberrhein, Metropolregion Rhein-Neckar und der Landkreis Kassel.
eigene Darstellung
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Die Forschungsassistenz führt fachlich und organisatorisch durch das Projekt und koordiniert Prozesse und Kommunikation. Sie betreut die Modellvorhaben, erfasst die entstehenden Erkenntnisse und führt vertiefende Fallstudien und Expertisen durch. Zudem organisiert die Forschungsassistenz den Wissenstransfer unter anderem über die Durchführung von Veranstaltungen.
Die Forschungsassistenz erstellt über die Projektlaufzeit sechs Expertisen oder Fallstudien, die ausgewählte Fragestellungen im Projektkontext vertiefen oder aber regionale Ansätze außerhalb der MORO-Regionen beleuchten. Sie dienen als Input und Unterstützung für die Modellvorhaben.
Das gesamte Forschungsvorhaben wird punktuell durch einen Expert*innenbeirat begleitet, in dem eine vertiefte fachliche Diskussion der Fragestellungen stattfindet. Der Beirat dient als externes, qualitätssicherndes Gremium. Durch ihn soll einerseits eine breite Aufstellung des Projektes und die Reflexion methodischer Schritte im Prozessverlauf, andererseits die Einordnung von Erfahrungen und Erkenntnissen aus Modellprojekten, aber auch die Reflexion der Fallstudien und -expertisen unterstützt werden.